Geschichte der Gemeinde

In Silber zwei schwarze Balken, belegt mit einem blauen schräg links laufenden Wellenbalken und rechts oben mit einem Mühlrad in wechselnden Farben mit 16 Schaufeln. (Staatsanzeiger für das Land Hessen von 1979, Seite 598).
Beim Entwerfen dieses Wappens war man davon ausgegangen, dass das Isenburgische Wappen mit den zwei schwarzen Balken auf silbernem Grund die Grundlage für das Birsteiner Wappen bilden soll. Das blaue Wellenband soll den Quellenreichtum unserer Region, die 16 Schaufeln des Mühlrades die 16 Birsteiner Ortsteile symbolisieren.

Die heutige Gemeinde Birstein entstand in der Zeit der kommunalen Gebietsreform während der Jahre 1971 – 1974.

01.02.1971 Der erste freiwillige Zusammenschluss findet zwischen den Gemeinden Birstein, Bösgesäß (preußisch Bösgesäß, ehem. Kreis Gelnhausen) Fischborn und Kirchbracht statt.

01.03.1971 Hettersroth und Oberreichenbach schließen sich an.

31.12.1971 Böß-Gesäß (hessisch Böß-Gesäß) und Illnhausen, beide früher zum Kreis Büdingen gehörend, treten der Gemeinde Birstein bei.

01.04.1972 Unterreichenbach, Obersotzbach und Untersotzbach schließen sich der Gemeinde Birstein an.

01.07.1972 Die Gemeinden Lichenroth, Mauswinkel, Völzberg, Wettges und Wüstwillenroth schließen sich zur Gemeinde Oberland zusammen.

01.07.1974 Die Gemeinde Oberland wird in die Gemeinde Birstein eingegliedert.

Das Gemeindegebiet der Großgemeinde Birstein hat heute eine Fläche von 86,63 qkm.

Es ist sicher berechtigt, auch die vor der Gebietsreform liegende Geschichte sämtlicher Ortsteile unter dem Stichwort „Geschichte der Großgemeinde“ zusammenzufassen, da das Gebiet dieser neu entstandenen Gemeinde Birstein fast deckungsgleich mit dem 1866 aufgelösten ehemals fuldischen Gericht Reichenbach bzw. Amt Birstein ist, welches seit 1438 Teil der Grafschaft Büdingen und des späteren Fürstentums Isenburg-Birstein war. Die zum alten Gericht gehörenden Orte Radmühl rechts der Salz (preußisch Radmühl) und das erst Anfang des 18. Jahrhunderts zum Amtsbezirk gekommene Katholisch-Willenroth kamen im Unterschied zum alten Verwaltungsbezirk nicht zu Birstein, dagegen aber die vorher nicht zum Gericht gehörenden Orte Illnhausen und Böß-Gesäß rechts der Bracht (hessisch Böß-Gesäß).

Mit der Gemeinde Birstein, die zu den großen Flächengemeinden des Landes Hessen gehört, entstand nun nicht ein künstliches und traditionsloses Gebilde wie vielerorts: Die Großgemeinde Birstein entstand in den Grenzen eines alten, seit dem 9. Jahrhundert nachgewiesenen Verwaltungsbezirkes, die Cent oder das Gericht Reichenbach, auch Amt Birstein genannt. Dieser Amtsbezirk deckte sich mit den Grenzen des Kirchspiels, war also auch gleichzeitig kirchlicher Verwaltungsbezirk.

(Hier seien auch gleich die Unterschiede der heutigen Gemeinde Birstein zum alten Gerichtsbezirk festgehalten: Radmühl [preußisch Radmühl, ehem. Kreis Gelnhausen] gehört heute zur Gemeinde Freiensteinau, obwohl sich in einer Abstimmung die Mehrheit der Einwohner für Birstein entschieden hatte. Das erst Anfang des 18.Jahrhunderts zum Gerichtsbezirk gekommene Katholisch-Willenroth ist heute Stadtteil von Bad Soden-Salmünster. [Im Zuge eines größeren Gebietsaustausches zwischen dem Gesamthaus Ysenburg und dem Erzbistum Mainz im Jahre 1705 kam unter anderem die mainzische Enklave Willenroth an Ysenburg. Die vertragsschließenden Teile hatten sich dabei zugesichert, die jeweils neuen Untertanen bei ihrer hergebrachten Konfession zu belassen. Da es nun im Amtsbezirk Birstein schon einen Ort mit dem Namen Willenroth (Wüstwillenroth) gab, nannte man zur Unterscheidung das einzige Dorf mit katholischer Bevölkerung eben „Katholisch“ Willenroth]. Illnhausen und Böß-Gesäß (hessisch Böß-Gesäß) gehörten nicht zum alten Amtsbezirk.)

Auf kirchlicher Ebene haben sich die alten Grenzen ununterbrochen bis heute erhalten. Das evangelische Kirchspiel Unterreichenbach umfasst die Dörfer Unterreichenbach, Oberreichenbach, Obersotzbach, Untersotzbach Fischborn und Radmühl. Das evangelische Kirchspiel Kirchbracht/Lichenroth wurde in der Reformationszeit Mitte des 16. Jahrhunderts vom alten Reichenbacher Kirchenbezirk abgetrennt und umfasst seit dieser Zeit die Dörfer Kirchbracht, Lichenroth, Völzberg, Wüstwillenroth, Wettges und Illnhausen, Bösgesäß und Böß-Gesäß.

Auch die Kirchengemeinde Birstein wurde Mitte des 16. Jahrhunderts von Reichenbach abgetrennt, als der damalige Graf Reinhard zu Ysenburg in Birstein einen Hofprediger anstellte, um damit vom Patron des Kirchspiels Reichenbach, dem Fürstabt von Fulda, unabhängig zu werden. Hettersroth mit Höfen wurden erst im Jahre 1948 von Unterreichenbach abgetrennt und Birstein angeschlossen.

Wenn wir auf die Geschichte der heutigen Gemeinde Birstein blicken, haben wir also bis in die Anfänge der schriftlichen Überlieferung ein geschlossenes Gebiet vor uns: die fuldische Cent bzw. das Gericht Reichenbach, dessen Grenzen sich auch mit dem kirchlichen Bezirk, dem Kirchspiel deckten. Das Land gehörte der von Bonifatius gegründeten Benediktinerabtei Fulda, von der es im frühen Mittelalter die Herren von Büdingen, später die Herren von Trimberg als deren Erben, danach die Grafen von Weilnau und seit 1438 die Grafen zu Ysenburg zu Lehen trugen.

1279, 28. Mai: Ersterwähnung der Burg Birstein als »castrum Birsenstein« in einer Lehensurkunde des Abtes Berthold IV. von Fulda. In dieser Urkunde spricht der Abt auf Ersuchen des bisherigen alleinigen Inhabers, Konrad von Trimberg, die Mitbelehnung mit dem »castrum Birsenstein et advocatiam in Richenbach« für die Luitgarde von Trimberg und ihren Gatten, den Grafen Heinrich von Weilnau aus. Dieselbe Luitgarde von Weilnau geb. von Trimberg übergab ihre Rechte aus dieser Überschreibung 1292 ihrem Enkel Heinrich II. von Weilnau und einem nahen Verwandten, Ulrich I. von Hanau.

Der Name „Birsenstein“ ist vermutlich abgeleitet von dem althochdeutschen Wort „birsen / pirsen“ = Pirschjagd. Prof. Dr. Haas gab 1911 noch eine andere Namensdeutung zu bedenken, welche aber von der heutigen Forschung für wenig wahrscheinlich gehalten wird. Danach trug der unterhalb des Schloßberges fließende Riedbach in alter Zeit den Namen Birsa (Birisa, vgl. kelt. bir = Wasser) – der Bach „Birsa“ und das sich darüber erhebende Felsmassiv – der Birsenstein. Er verweist dabei auf zwei Zuflüsse des Rheins bei Basel mit den Namen Birs und Birsig.

Der im Wald gegenüber dem Schloßberg liegende Felsen, das „Wilde Weibsbild“ früher auch „Wilder Weibsstein“ genannt, lässt infolge seines Namens, ebenso wie auch das „Wildfrauenhaus“ in der Gemarkung Fischborn eine frühere Kultstätte oder heiligen Ort der Göttin Freya, die sich in der Sage als „Frau Holle“ erhalten hat, vermuten. Aber außer den sonst nicht zu deutenden Flurnamen gibt es keinen Hinweis, sodass die „wilde Frau“ wohl auch zukünftig im Bereich der Sage verharren wird.

1332 heiraten Heinrich von Isenburg und Adelheid von Hanau, wobei diese den oben genannten Hanauer Teil an der Burg und dem Gericht als Mitgift erhält. Damit erscheint erstmals Isenburg als Mitinhaber der Burg Birstein und der Vogtei von Reichenbach.

1552 wird die Burg Birstein Wohnsitz der damals jüngeren Linie des Hauses Isenburg. Graf Reinhard ließ die Burg, welche als das „alte verfallene Haus Birstein“ bezeichnet wird, zu einem Schloss ausbauen, auch eine Schlosskapelle wurde eingerichtet. Hier predigte der erste protestantische Pfarrer in Birstein.

1590 Gründung der Lateinschule in Birstein.

1631 Schutzbrief des Königs Gustav Adolf von Schweden für „Schloß Flecken Birstein“ und für „Schloß und Städtlein“ Wenings.

1635 Vertreibung der Isenburger und Übernahme der Herrschaft durch den Landgrafen Georg von Hessen-Darmstadt. Zwischenzeitliche Wiedereinsetzung der Isenburger durch König Gustav Adolf.

1643 Besetzung der Burg und des Ortes Birstein durch schwedische Soldaten, die zur Truppe des Grafen Königsmarck gehörten. Da in diesem Jahr der Landgraf von Hessen noch die Oberhoheit besaß, war Birstein für die Schweden noch Feindesland.

1644 Rückkehr des Grafen Wilhelm Moritz zu Ysenburg nach Birstein. Mit der Rückkehr der Ysenburger wird auch die reformierte Konfession in der gesamten Grafschaft wiederhergestellt.

1649 Erstmals wohnt eine jüdische Familie in Birstein.

1674 Beginn der jüdischen Gemeinde in Birstein.

1679 Anlage des Judenfriedhofs in Birstein.

1684, 21. Juli Feuerkatastrophe: Auf dem Birsteiner Oberberg brennen 17 Wohnhäuser, 1 Backhaus, 18 Scheunen und 9 Ställe ab. Das Vieh wurde gerettet, konnte aber nicht mehr ernährt werden, da mit den Scheunen auch die Vorräte verbrannt waren. 1 Kind im Alter von 3 Jahren kam in den Flammen um. Die Kirche und das Pfarrhaus blieben unbeschädigt.

1692 Das Schulhaus für die Lateinschule wird erbaut.

1744, 14. Juli Erneute Brandkatastrophe. Der ganze Oberberg zwischen Kirche und Schloss, 23 Wohnhäuser, werden ein Raub der Flammen. Nach dem Brand dürfen neue Häuser kein Strohdach mehr erhalten. Auch alte Häuser, soweit es deren Tragfähigkeit zuließ, müssen nun Ziegeldächer haben.

1749 Die jüdische Gemeinde kauft ein Haus im Birsteiner Unterberg, um es als Synagoge einzurichten.

1764 – 1768 Schloss Birstein erhält seine heutige Gestalt.

1767, 27. Juni Ein Unwetter mit Regen, Hagel und Sturm richtet große Schäden in Feld, Wald und in den Dörfern an, weshalb seit 1768 auf Verordnung des Fürsten Wolfang Ernst II. von Isenburg jährlich am 27. Juni der Hageltag mit Arbeitsruhe und Gottesdienst gefeiert wird. Erst in der Zeit nach dem II. Weltkrieg geriet der Hagelfeiertag in Vergessenheit.

1774 Da immer weniger Schüler die Lateinschule besuchen, wird diese geschlossen.

1783 Wiedereröffnung der Lateinschule.

1790 Die Lateinschule wird nach Offenbach verlegt.

1794 Aufhebung der Leibeigenschaft im isenburger Land durch Fürst Wolfgang Ernst II zu Isenburg. Die ysenburgischen Verwandten in Büdingen, Wächtersbach, Meerholz und Philippseich schließen sich dem an.

1840 Prinzessin Maria Crescentia von Isenburg, katholische Gattin des Prinzen Viktor Alexander von Isenburg veranlaßt den Bau eines kleinen katholischen Kapelle in Birstein.

1845 Gründung der israelitischen Volksschule, die bis 1936 bestand.

1860 Die Lateinschule in Birstein wird wieder eröffnet und besteht nun bis 1939.

1866 Die jüdische Gemeinde kauft vom Fürsten ein Grundstück in der heutigen Hauptstraße und erbaut dort eine neue Synagoge (Diese wir heute als Wohnhaus genutzt.).

1903 Neubau des königlich preußischen Amtsgerichtes für den Amtsgerichtsbezirk Birstein. Ab 1919 ist das Birsteiner Amtsgericht nur noch Zweigstelle des Amtsgerichtes Wächtersbach.

1912 – 1914 Neubau der heutigen katholischen Kirche im Jugendstil an der Stelle der bisherigen Kapelle. Die Kirche ist unter dem Titel ‚Mariae Heimsuchung’ geweiht.

1913, 7. Januar Die evangelische Kirche brennt infolge eines glühenden Ofenrohres bis auf die Grundmauern ab. Einweihung des Neubaues am 19.4.1914.